Die Rote Schildkröte


Rein technisch gesehen, handelt es sich bei dem Werk „Die Rote Schildkröte“ um keinen Anime, sondern einen Animationsfilm, welcher aus einer französisch-japanisch-belgischen Kooperation entstanden ist.
Dennoch kann man ihn auch irgendwo als Anime ansehen, da an ihm das berühmte Studio Ghibli mitgewirkt hat und der Regisseur und Drehbuchschreiber Michael Dudok de Wit in guten Kontakt mit Japan stand. Wer sich für mehr Hintergründe interessiert, findet weiter unten unser Interview mit Michael Dudok de Wit.
Ich habe mir damals sowohl die Vorstellung im Kino angesehen, als auch die Streaming Version und gebe euch hier einen kleinen Überblick zu diesem etwas anderem Werk.

Ein junger Mann landet auf einer einsamen Insel. Leider passierte dies nicht freiwillig. Allerdings rettete ihn das Glück sein Leben, da das Schiff auf dem er sich befand in einem Sturm gesunken ist und das die Wellen ihn zu dieser Insel spülten, war sein großes Glück. Sein Pech wiederum ist, das es sich um eine einsame abgelegene Insel handelt, auf der kein Mensch lebt. Es gibt nur den Strand, den Wald und einen kleinen Hügel. Die einzigen Bewohner sind die Tiere des Meeres.

Schnell stellt er fest, das zumindest Trinkwasser vorhanden ist und er sich von den Früchten ernähren kann, dennoch will er von dieser Insel fort. So beginnt er unermüdlich mit dem Bau von einem Floss um fort zu Segeln. Doch es gelingt ihm nicht und immer öfter sieht er eine große rote Schildkröte im Meer. Sein Frust wird immer größer und er glaubt nicht daran, dass seine Baukünste schuld am Versagen sind, sondern schiebt es auf die Schildkröte. Somit kommt es zum unausweichlichen…
Wie ein roter Faden zieht es sich durch das gesamte Werk, angefangen bei der Geschichte, über die Animation, bis hin zum Ton. Sehr bewusst und mit einer kunstvollen Hingabe, hat man auf Minimalismus gesetzt. Wirkt es zuerst sehr simpel und einfach, entpuppt es sich später als kluges Gerüst, das mühevoll erstellt wurde um damit den Zuschauer in seinen Bann zu ziehen. Ohne Sprache, ohne viele Charaktere, mit einfachen Bilder wird hier eine Welt erschaffen mit einer Geschichte die ans Herz geht.

Charaktere
Es gibt in dem Film einen Protagonisten, welcher von Anfang bis Ende dabei ist. Im späteren Verlauf kommen noch seine Frau und sein Sohn dazu. Dies sind alle Menschen, die in diesem Werk dabei sind als animierte Charaktere. Ansonsten tauchen nur Tiere in dem Film auf, die dennoch eine erheiternde Komponente darstellen.
Der Protagonist wird gut dargestellt und auch ohne jegliche Worte, schafft man es gut seine Verzweiflung zu zeigen und die Tragik, welche sich in seinem Leben abzeichnet. Allerdings ist er kein unglücklicher Charakter, sein Leben auf der Insel ist besser als es sich zuerst abzeichnet.
Seine Frau ist ein Wunder, das zu ihm kam und zudem noch ein weiteres Wunder mit sich brachte, da sie ihm ein Kind schenkte. Sie opfert sich für ihn auf, förmlich bis zu seinem letzten Atemzug und ist dabei nie auf einen Streit oder Vorwürfe aus.
Auch mit wenigen Charakteren, wird hier eine Geschichte erzählt, die einen ans Herz geht und die es schafft, mehr zu berühren als viele andere, wo man Worte zum Ausdruck zur Verfügung hat.

Bild
Es wurde hier ein ganz eigenes Bild geschaffen, bei dem man durchaus merkt das ein französisches Studio beteiligt ist, es zeigt sich aber schon für aufmerksame Kenner, das auch Studio Ghibli mit an dem Projekt beteiligt war.
Zuerst mag es gerade für verwöhnte Fans der hohen Animationskunst etwas billig wirken, am Ende liegt aber in der einfachen Art die Kunst und Herausforderung. Mit wenigen Stilelemente und ohne Worte zur Erklärung wurde hier eine Welt erschaffen, die von einem halben Leben erzählt.
Tatsächlich merkt man im späteren Verlauf immer weniger, das hier auf weniger gesetzt wurde, wenn man sich auf den Film einlässt und wird dabei automatisch in seinen zauberhaften Bann gezogen.

Ton & Untertitel
Anders als andere Filme, verzichtet dieses Werk komplett auf eine Sprachausgabe und/oder gesprochene Worte. Trotzdem handelt es sich aber nicht um einen Stummfilm im klassischen Sinne. Bewusst wählte man hier den Verzicht auf die Sprache und lässt die Bilder für sich wirken. Einzig auf Musik und Hintergrundgeräusche wie z. B. Meeresrauschen und Tierlaute gesetzt.

Auch hier zeigt sich, dass Minimalismus das Ziel von dem Film war, was ihm eine besondere Note gibt und dafür sorgt das er durch andere Werte überzeugt. Obwohl es sich seltsam anhören mag, kann dieses Werk hervorragend nur durch seine bildliche Darstellung der Geschichte überzeugen.

Fazit
Mit dem Film Die Rote Schildkröte, kam ein Werk ins Kino, das zu schnell ad acta gelegt wird, obwohl es viel zu bieten hat. Anders als andere Filme, bewusst so erschaffen, sorgt es für eine in sich geschlossen Geschichte und Welt, die man so nicht oft findet. Dies ist wahrlich ein Meisterwerk, das durch seine ganz andere Art überzeugt.
Ohne jede Sprache, schafft man es hier die Zuschauer zu berühren, sie zu faszinieren, obwohl es zu nichts eine Erklärung gibt. Die gesehenen Bilder kann jeder für sich nur Interpretieren oftmals und genau darin liegt das Geheimnis. Die Zuschauer werden mit einbezogen, aber auch sanft mit den Bildern gelenkt, ohne das man es merkt.
Für mich ist dieser Film ein Meisterwerk, das es nicht oft gibt und war eines der Highlights im Kino. Gebt dem Werk eine Chance, tut es nicht vorschnell als billig ab wegen der Animationen, ihr verpasst etwas.

 

wir danken Universum Anime für das Rezensionsexemplar

  • Genre: Stummfilm
  • Entstehungsjahr: 2013
  • Typ: Movie
  • Regie: Michael Dudok de Wit
  • Charakterdesign: –

zur DVD/Blu Ray

  • Sprachen: DD 5.1/DTS 2.0
  • Untertitel: –
  • Extras: 3 Postkarten (nur in Erstauflage), Die Geburt der roten Schildkröte, Kinotrailer, Making Of, Zeichenstunde mit Michael Dudok de Wit

Die Rote Schildkröte

8.2

Gesamtwertung

8.2/10

Pro

  • interessanter Stummfilm
  • frische Optik

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