Hilfsbereitschaft, NĂ€chstenliebe und Aufopferung, drei wirklich schöne Tugenden und gesellschaftlich nicht mehr wirklich up to Date, wenn man sich mal so umschaut. Zumindest ist das bei vielen sicherlich eine subjektive Wahrnehmung, gerade in Sachen Zivilcourage sieht es schon oft echt schlecht aus, jeder scheint in der hektischen Welt sich selbst der NĂ€chste. Mal Hand auf euer Herz, wann habt ihr mal etwas gemacht, was auĂerhalb der ĂŒblichen Norm liegt und dem Gemeinwohl dient: ehrenamtlich oder gar einfach nur einen Sitzplatz fĂŒr jemanden anderes aufgegeben?
Solche bzw. Ă€hnliche Werte versucht der vor uns liegende Anime an euch weiter zu geben, allerdings auf Anime-artige weise. Aber entwirren wir mal das Geflecht und schauen worum es erst einmal bei dem Anime geht, der fĂŒr so viele Preise nominiert war.
Kenji Miyazawa?!
Der Anime basiert auf einem Fantasy-Roman des Japanischen Autors Kenji Miyazawa, welcher selbst schon mit jungen 37 Jahren an einer schweren LungenentzĂŒndung starb. Allerdings sind seine ErzĂ€hlungen in Japan ein Absoluter Kult, basieren sie doch Teilweise auf dem Leben des 1896 geborenen Sohnes eines vermögenden Pfandleihers. Er selbst war ĂŒberzeugter Buddhist, Vegetarier und auch Sozialaktivist. Denn als Sohn eines vermögenden Vaters konnte er schon frĂŒh nicht verstehen, wieso die Gesellschaftliche Schere zwischen Arm und Reich so weit auseinander klafft. Nach seinem Studium und dem Erfolgreichen Abschluss fĂŒr Forst- und Landwirtschaft, hat er einige Zeit in der Forschung gearbeitet. SpĂ€ter kehrte in sein Heimatdorf nach Hanamaki zurĂŒck und half in dem Pfandhaus seines Vaters aus. Allerdings sorgten familiĂ€re Differenzen dafĂŒr, dass es ihn in die GroĂstadt nach Tokio zog. Hier fand er eine Anstellung bei einem Verlag und genau in diesem Verlag begann er mit dem Schreiben seiner MĂ€rchen und Kindergeschichten. Allerdings kehrte er wieder zurĂŒck in die Heimat, wo er dann einen Lehrstuhl bekleidete und an der Landwirtschaftsschule lehrte. Neben seiner Schriftstellerei widmete sich der Autor auch den schlechten Arbeitsbedingungen der Bauern in der PrĂ€fektur Iwate, hier grĂŒndete er dann auch die Rasuchijin- Gesellschaft. In dieser Gesellschaft wurden neue Techniken fĂŒr die Landwirtschaft erdacht. Zudem unterrichte er auch diese Techniken, aus dieser Zeit flossen auch immer wieder seine Lebensereignisse und Erfahrungen in seine Werke ein. So kommt sogar seine Heimat Iwate in Form einer Fantasiewelt namens Ihatov in seinen BĂŒchern vor.
Der Anime “Das Leben des Budori Gusko” ist tatsĂ€chlich die Verfilmung einer dieser Werke mit vielen Parallelen zu seinem Leben. NatĂŒrlich wird das ganze fantastisch und in filmgerechter Form verabreicht.
Der HolzfÀllersohn und sein Schicksal
Im Mittelpunkt des Films steht der HolzfĂ€llersohn Budori Gusko, er genieĂt eine glĂŒckliche Kindheit in dem groĂen Wald von Ihatov. Ein mehr als groĂer Spielplatz fĂŒr allerlei Abenteuer, genau was man sich als Kind so wĂŒnscht. Zusammen mit seiner kleinen Schwester Neri ist er regelmĂ€Ăig in den WĂ€ldern unterwegs. Er geht auch dort zur Schule und in der Lehreinrichtung stehen vor allem Mitmenschlichkeit und NĂ€chstenliebe auf dem Lehrplan, denn diese beiden Eigenschaften bilden die Grundlage fĂŒr das persönliche LebensglĂŒck. Doch dieses LebensglĂŒck soll schnell empfindlich gestört werden, durch einen extremen KĂ€lteeinbruch bzw. Winter, wird die Ernte der selbstgezogenen FrĂŒchte- und GemĂŒsesorten stark dezimiert. Das sorgt natĂŒrlich fĂŒr mehr als knappe Lebensmittel, damit aber die Familie nicht Hungern muss, versuchen die Eltern von Budori und seiner Schwester Neri Nahrungsmittel aufzutreiben und begeben sich dazu auf die Suche. Allerdings trifft die beiden Geschwister erneut das Schicksal, es ist nĂ€mlich das letzte Mal, dass sie ihre Eltern zu Gesicht bekommen.
Kurz danach kommt es zu einem weiteren Schicksalsschlag, denn die kleine Schwester wird von einem seltsamen Mann entfĂŒhrt wird, ein KinderfĂ€nger. Da Budori aber durch die Hungersnot schon stark geschwĂ€cht ist, bricht er bei der Verfolgung des EntfĂŒhrers im Wald völlig erschöpft zusammen. Das soll aber nicht das Ende fĂŒr unseren Helden sein, denn nach dem er seine Augen wieder öffnet hat sich sein Wald scheinbar komplett verĂ€ndert.
ZurĂŒck zum vermeintlichen Elternhaus, muss er feststellen, das jetzt dort eine Seidenfabrik steht. Doch wo ist das Haus hin? Diese Frage stellt sich gar nicht erst, denn kurz um bietet der Besitzer der Fabrik dem jungen Streuner eine Job in der Fabrik an. Der ausgehungerte Budori willigt ein, in der Hoffnung auf regelmĂ€Ăigen Mahlzeiten und einem Dach ĂŒber dem Kopf.
Allerdings treibt es den jungen Helden schnell zu neuen Gefilden, so heuert er beim Bauern Rotbart an, dieser bat nĂ€mlich Reis an. Da das mit Hilfe viel besser funktioniert, bestellt er die Felder und hilft so dem vielbeschĂ€ftigten Bauern bei seiner Ernte. Allerdings treibt das Wohl seiner Mitmenschen Budori bald aus dem Wald hinaus in die Stadt. Hierstellt er sich in die Dienste eines Institutes fĂŒr Vulkanologie. Triebfeder ist stets der Gedanke an sein eigenes Schicksal und genau diese Schicksale möchte er seinen Mitmenschen ersparen. Zu dem trĂ€umt er regelmĂ€Ăig auch von dem KinderfĂ€nger, welcher seine Schwester entfĂŒhrte. Budori ist der gute Samariter, der sein Talent fĂŒr andere Mitmenschen einsetzt, um ihnen ein angenehmeres Leben zu ermöglichen.
zum Anime
Der Anime basiert auf einer der vielen ErzĂ€hlungen, Gusko Budori no Denki, des Kinderbuch- und Fantasyautors Kenji Miyazawa, welcher selbst sehr engagiert war. Diese Einstellung und die NĂ€chstenliebe kommen auch in seinen Werken, sowie in dem Anime auch immer wieder durch, dadurch sind seine Helden immer stark von seinen persönlichen Erfahrungen geprĂ€gt. Bei der Anime- Adaption kommt allerdings nicht die ganze Facette durch, oft wird nur angerissen und an der OberflĂ€che gekratzt. Leider erfĂ€hrt man nichts ĂŒber den wirklichen Antrieb des Helden und seine BeweggrĂŒnde. Der Anime unter der Regie von Gisaburo Sugii (Street Fighter II, Night on the Galactic Railroad), welcher auch das Drehbuch schrieb, bleibt leider etwas platt und steht dem literarischen Werk doch etwas nach. Allerdings glĂ€nzen die schönen Animationen im klassischen Zeichenstil, diese Stammen nĂ€mlich vom renommiertem Tezuka Production Animationsstudio. Das Katzendesign der Charaktere stammt ĂŒbrigens von Hiroshi Masumura, er ist ja berĂŒhmt fĂŒr seinen Ausgefallenen Katzen- Charakterdesigns (Autor und Illustrator von ” Atagoal wa Neko no Mori”).
Fazit
Das Leben des Budori Gusko ist ein Animetitel der etwas anderen oder auch besonderen Art. Hier wird kein Mainstream bedient, das finden wir persönlich sehr gut, es ist ein Titel mit einem tieferen Sinn. Allerdings gelingt es dem Anime nicht zu 100% den Punkt zu erreichen wo die gezeigten Lebensentscheidungen wirklich ĂŒberzeugende Motive aufweisen. Der Held rennt dabei von einem “Abenteuer” ins nĂ€chste. Er steht seinen Mitmenschen immer zur Seite und Hilft wo er nur kann, er ist das personifizierte Multitalent. Allerdings hat man als Zuschauer immer das Problem der Identifizierung, denn sie will nicht ganz gelingen. Doch der Titel ist trotzdem ein Ausnahme- Anime in unserem Regal, er ist nicht nur gut animiert, sondern vermittelt doch ein wenig von den tollen “Basics” die vielen in der hektischen Welt fehlen: NĂ€chstenliebe und Hilfsbereitschaft. Wer den Film allerdings vollends verstehen möchte, sollte sich noch etwas mehr mit dem Thema “Kenji Miyazawa” auseinandersetzen. Der Autor ist nĂ€mlich in Japan einer der beliebtesten Fantasyautoren und alle seine Werke beinhalten immer viele Erfahrungen aus seinem eigenen aber leider kurzen Leben.
wir danken Anime House fĂŒr das Rezensionsexemplar
- Genre: Fantasy
- Entstehungsjahr: 2013
- Typ: Movie
- Regie: Gisaburo Sugii
- Charakterdesign: Hiroshi Masumura
zur DVD/Blu Ray
- Sprachen: deutsch, japanisch DD 2.0/ DTS 2.0
- Untertitel: deutsch
- Extras: Booklet, Postkarten