Giovannis Insel


Man nehme einige historische Fakten, welche um den zweiten Weltkrieg und die Besatzung einer Insel drehen, packe eine Prise japanisches Kulturgut in Form eines Kinderbuches dazu und vermenge das Ganze dann mit einer hausgeschriebenen Story um drei Kinder, welche in einer mehr als tragischen Zeit leben und versuchen über die Runden zu kommen. So ähnlich kann man die Mixtur beschreiben, mit der das Melodram Giovannis Insel von Production I.G auftrumpfen möchte.

Der Tod ist niemals schön, geht immer mit Trauer einher und die Sorgen wachsen, gerade wenn man einen Todesfall in der Familie hat. Doch trotz solch eines Verlustes, wie es die beiden Geschwister Junpei und Kanta Seno hatten, führen sie ein recht sorgenfreies Leben. Die beiden Leben nämlich mit ihrem Vater Tatsuo auf der schönen Insel Schikotan, welche im Norden Japans gelegen ist.
Wie Kinder halt so sind, erkunden sie die Insel und dessen Felsenküste stets aufs Neue und bereisen in ihrer Fantasie das Weltall. Wie? Natürlich mit dem intergalaktischen Zug, denn hier sitzt es sich nun mal am bequemsten. Beide sind nämlich begeistert von dem Buch „Die Nacht der galaktischen Eisenbahn“, hieraus lesen sie jeden Abend mit ihrem Vater ein Kapitel und flüchten sich anschließend in diese Welt und bereisen dann das Weltall.
Von dem zweiten Weltkrieg, welcher ja um diese Zeit tobt, bekommen sie nicht viel mit, schließlich tobt er auf dem Festland, wo die Zeit scheinbar eh stehen bleibt, so scheint es zumindest. Denn die Welt hinter der Insel ist in ein tiefes grau getaucht und ein Schreckgespenst, bis es dann 1945 zu einem Luftalarm kommt und die schöne und idyllische Ruhe der Insel zerreißt. Eine feindliche Fliegerstaffel greift die benachbarte Insel Hokkido an und dieser Tag markiert den Anfang eines schrecklichen Endes, denn nur einige Tage später verkündet der Kaiser Hirohito im Radio die bedingungslose Kapitulation des Landes Japan. Die Bewohner lauschen diesen Worten vor ihren Transistorradios ungläubig und gleichzeitig wächst natürlich die Angst vor den Amerikanern. Doch wie das im Leben so oft ist, kommt alles anders als man denkt. Statt der Kriegsschiffe der USA, legen Schiffe mit der Flagge von Stern, Hammer und Sichel an der Küste an, die Sowjetische Marine nimmt die Insel für sich in Anspruch und damit brechen harten Zeiten für die Anwohner an.

Vor allem aber für die Geschwister wird die Zeit mehr als hart, denn sie werden mehr oder weniger auf die Straße geschmissen, denn die Rote Armee nimmt ihnen ihr Haus, dieses dient ab sofort nicht mehr der Familie Seno als Unterkunft, es ist jetzt das Domizil des obersten Kommandanten und dessen Familie.
Die Senos müssen samt Vater, Großvater und dem  aus dem Krieg zurückgekehrten Onkel Hideo, im Stall des Grundstückes übernachten und wohnen. Eine sehr krasse Umstellung für die gesamte Familie, gerade auch, weil die Nahrungsmittel immer knapper werden. Trotz und gerade wegen dieser Situation, versucht die Familie ein wenig Normalität zu bewahren und das Beste aus dieser Situation zu machen. Auch die beiden Brüder Junpei und Kanta flüchten sich nach wie vor in ihre Welt und freunden sich im Verlaufe der Zeit sogar mit Tanya an, die Tochter des Kommandanten, welcher ihnen ihr Haus nahm.
Die Kinder spielen und lachen zusammen, tauschen unbewusst  kulturelles miteinander aus, auch die Sprache scheint für sie kaum noch ein Hindernis. Doch diese neue Idylle wird bald wieder gestört, denn die Armee findet heraus das der Vater  der beiden Brüder heimlich einige Mengen Reis versteckt und den Reis auch noch an die japanischen Mitbürger verteilt kommen echte Zweifel in der Freundschaft zwischen den Brüdern und Tanya auf.
Kann es sein, dass das junge sowjetische Mädchen die Familie verraten hat?  Nur sie wusste von dem Geheimnis und hätte es ausplaudern können. Leider ist die Konsequenz für den Vater mehr als bitter, denn als Strafe wird er in ein Arbeitslager interniert und die Frage ob sie ihn je wieder sehen werden, zerfrisst Kanta und Junpei gleichermaßen.

zum Anime
Der Anime unter der Regie von Mizuho Nishikudo erzählt die gesamte Story aus den Erzählungen des 50jährigen Junpai. Denn er schwelgt in Erinnerungen und lässt uns in Rückblicken Zeugen seiner Reise sein. Dabei lässt er sogar zu, dass man sieht wie sich sein Bruder Kanta in die Hose macht, als die rote Armee das Klassenzimmer seiner damaligen Schule stürmt. Aber auch die Gedanken, um die  Familien die versucht haben von der Insel zu entkommen und dabei ihr Leben lassen mussten, lassen ihn nicht los. Aber auch die Verpflichtung seines Vaters, gegenüber dem japanischen Volk erleben wir hautnah mit, denn Ständig Wiederstand leisten und die Hungersnot verhindern bringen ihn ja schließlich in das Arbeitslager.
Schließlich Gipfelt der Konflikt auf der Insel darin, dass die Japaner von ihrer Insel auf das Festland abgeschoben werden und das sieht man natürlich auch in der Stilrichtung des Anime. Denn sie idyllische Insel ist stets heiter Sonnenschein, während das Festland ein grauer Fleck mit beengten Räumen ist. Eine Furchtbare und unreal wirkende Welt mit der Hoffnung auch den eigenen Vater wieder zu sehen. Damit das Zusammenspiel aller Szenarien auch gut funktioniert hat man sich bei Production I.G richtig ins Zeug gelegt, denn die Animationen sind erstklassisch, gerade die Sequenzen mit der Galaktischen Eisenbahn und der Übergang aus dem Alltag de Kinder, sind sehr gut umgesetzt und verzücken das Auge.
Für die deutsche Version des Films hat Universum Film auf EuroSync zurückgegriffen, sie vertonten schon „Bayonetta Bloody Fate“ und liefern auch aktuell sehr gute Arbeit ab. Denn zwei Stimmen, welche noch nie einen Anime vertont haben, sind zu hören: Ben Hadad und Claude Albert Heinrich sprechen Junpai und Kanta aber auch eine Newcomerin im Synchro-Geschäft ist als Tanya zu hören, Daria Käufel. Sie überzeugt, trotz Erstjob, auf ganzer Linie.

Entstanden ist der Titel übrigens im Jahr 2014 und das Charakterdesign stammt von Nobutake Ito und Atsuko Fukushima (Originaldesign).
Übrigens existiert die Insel natürlich wirklich und auch der Konflikt beider Parteien ist echt. Es ist sogar so, dass die Insel noch immer zu Russland gehört. Damals nach Kriegsende hat Japan in der Kapitulationsurkunde mit der Potsdamer Erklärung vom 26. Juli 1945 anerkannt. Diese legte nämlich die Beschränkung des japanischen Staates auf die Inseln Honshu, Hokkaido, Kyushu, Shikoku und nicht näher benannte kleinere Insel der Kurilen Inselkette fest. Nach dem Ende der Sowjetunion hat Russland die anderen Insel mit übernommen, das sorgt für die verzwickte völkerrechtliche Situation zwischen Japan und Russland. Vielmehr ist es so, das Japan und Russland tatsächlich nur einen Waffenstillstand haben. Russland sagt selbst, das im „Großen Vaterländischen Krieg“ die Inseln an Russland gegangen sind. Da ein Friedensvertrag beider Länder miteinander, die Einigung zu Gunsten Japans zur Grundlage macht, haben nämlich beide keinen Vertrag unterschrieben. Japan möchte im Grunde seine Inseln wieder haben aber zu einer Einigung kam es bisher nicht.

Weitere Infos zum Konflikt findet ihr hier: Kurilenkonflikt

 

Fazit
Production I.G zeigen mal wieder, dass sie auch einzigartige Anime machen können und beweisen so das richtige Händchen im Umgang mit historischen Fakten und ein wenig Fiktion. Herausgekommen ist dabei ein Anime- Melodram mit einigen lockeren und auch witzigen Passagen aber auch ein Film zum Nachdenken, ein Streifen der die Gemüter bewegt und einen Einblick in eine Zeit zeigt, die für viele schon vergessen scheint. Ein schönes Abenteuer um Freundschaft, Leid, Fantasie und Familie, unbedingt anschauen und in euer Animeregal stellen.

 

wir danken Universum Anime für das Rezensionsmaterial

 

  • Genre: Melodram
  • Entstehungsjahr: 2014
  • Typ: Movie
  • Regie: Mizuho Nishikubo
  • Charakterdesign: Atsuko Fukushima/ Nobutake Ito

zur DVD/Blu Ray

  • Sprachen: japanisch, deutsch DD 5.1/DTS HD 5.1
  • Untertitel: deutsch
  • Extras: Artwork-Galerie, Interview mit Polina Ilyushenko, Making Of, Videoclip zum russischen Volkslied „Troika“

Giovannis Insel

8.2

Gesamtwertung

8.2/10

Pro

  • gute deutsche Synchronisation
  • schönes Artdesign
  • viel Geschichte

Kontra

  • einige Längen

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